Herbert Kickl legte im ORF-„Sommergespräch“ die freiheitlichen Positionen zu Zuwanderung, Teuerung, Politikergehälter und Umweltpolitik dar. Als „Volkskanzler“ werde er eine Politik mit „Hausverstand und Verhältnismäßigkeit“ für die Bürger vorantreiben, die über Volksabstimmungen verstärkt in die Gesetzgebung eingebunden werden sollen. Dafür braucht es aber eine FPÖ als Führungskraft in einer Koalition, betonte Kickl: „Deswegen ist es so wichtig, dass wir bei der nächsten Nationalratswahl die stärkste Partei werden, damit in der Regierungsarbeit die blaue Handschrift dominiert.“
Was auch immer den ORF zur Auswahl des Sprechzimmers 23 im Parlament als Kulisse für das „Sommergespräch“ bewogen hat, Herbert Kickl ließ sich vom „Ambiente eines Stasi-Verhörraums“ nicht beeindrucken.
Und selbst diese Bemerkung zur Räumlichkeit wurde ihm, wenn auch nicht von der ORF-Moderatorin, als Beweis für die Gefährlichkeit der „Kickl-FPÖ“ ausgelegt. Fritz Hausjell, Präsident der Pressefreiheitsorganisation Reporter ohne Grenzen und Kommunikationswissenschafter, echauffierte sich über den Kurznachrichtendienst Twitter darüber ganz ungeheuerlich: „Die Denunzierung des Journalismus in diesem Land geht weiter und erreicht unerträgliche Dimensionen.“
Ein „Volkskanzler“ wie Leopold Figl
Im Sommergespräch selbst scheiterte die Moderatorin mit zwei Anmerkungen zum „Rechtsextremismus“, wie dem Hinweis auf den „historisch belasteten Begriff Volkskanzler“ oder der Remigrationsforderung der „Identitären“, die ja vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft würden.
Zu ersterem bemerkte Kickl, dass er diesen Begriff am „Volkskanzler Leopold Figl“ angelehnt habe, und die „Identitären“ eine „NGO von rechts“, aber nicht verboten seien. Wenn diese ein politisches Projekt oder eine Initiative betreiben, die aus FPÖ-Sicht in Ordnung sei, dann würde er das unterstützen.
Denn deren Remigrationsforderung befürworte er – wie auch von der Bewegung so ausgesprochen – für jene Menschen aus dem Ausland, „die glauben, unter dem Vorwand und dem Deckmantel des Asyls in Österreich Fuß fassen zu können und dann von der Mindestsicherung leben“.
Mit dem „Ausländerthema“ startete die Moderatorin dementsprechend auch das Gespräch. Man könne den Arbeitskräftemangel in vielen Berufen, angefangen von der Gastronomie bis hin zu den Pflegeberufen, derzeit nur mit ausländischen Arbeitskräften beheben –entgegen der FPÖ-Forderung nach einer „Festung Österreich“.
Kickl erinnerte an die Ursache des Arbeitskräftemangels, die von den unseligen Corona-Maßnahmen ausgegangen seien: „In dieser Zeit haben sich sehr viele Menschen umorientiert, weil sie einfach mit dieser Unsicherheit nicht mehr umgehen wollten. Das fällt uns natürlich jetzt auf den Kopf.“
Gastarbeiter sind nur eine Zwischenlösung
Dass Arbeitskräfte aus EU-Mitgliedstaaten trotz der Arbeitsmarktfreizügigkeit nicht nach Österreich kommen würden, liege seiner Meinung nach daran, dass sie für dieselbe Arbeitszeit in Österreich „viel weniger Netto vom Brutto“ herausbekommen als in anderen EU-Ländern, sogar im „Sozialstaat-Vorbildland“ Schweden.
Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern befürworte er nur für bestimmte Bereiche, betonte Kickl, aber das auch nur „zeitlich begrenzt und nach unseren Bedürfnissen und nach unseren Erfordernissen“. Das besage ja auch der Begriff des „Gastarbeiters“: „Wenn kein Bedarf mehr besteht, können die Leute nach Hause gehen“.
Generell seien „Gastarbeitende“, so der genderkorrekte Begriff auf der Homepage des ORF, aber „maximal eine Übergangslösung“. Im Bereich der Pflege und im Gesundheitswesen müsse man das Geld aus der „unglaublichen Bürokratie“ zu den Menschen, die in dem Bereich tätig seien, bringen.
Zusätzlich müsste die Ausbildung reformiert werden, um das Berufsfeld attraktiver zu machen, wie etwa über die von der FPÖ seit Jahren geforderte Pflegelehre. Aber auch die von Pfleglingen bevorzugte häusliche Pflege müsse man erleichtern, die Angehörigen und das familiäre Umfeld entsprechend unterstützen, etwa durch „höhere finanzielle Zuwendungen und durch Anrechnungen für die Pensionszeiten“, betonte der FPÖ-Parteichef. Das sei immer die billigere Variante als die Unterbringung in einem Heim.
Beim Thema Teuerung verwies der FPÖ-Bundesparteiobmann auf die lange Liste der freiheitlichen Forderungen, die sie bereits Ende 2021 in ihrer Petition „Kostenlawine Stoppen“ aufgeführt haben: also Mehrwertsteuersenkung bei Lebensmitteln, Energie und Treibstoffen bis hin zum völligen Aussetzen, Einführung einer Preisbremse durch einen Warenkorb samt Preisstopp-Verordnungsmöglichkeit, Abschaffung der sinnlosen CO2-Steuer, Schluss mit dem selbstzerstörerischen EU-Sanktionsregime und jetzt zusätzlich ein Ende der unsäglichen Abzock-Politik der Banken mit einer Übergewinnsteuer oder Bankenabgaben-Erhöhung.
Führende Kraft entscheidet in einer Koalition
Eine Forderung nach einem Mindestlohn könnte er sich vorstellen, wenn die Sozialpartner das nicht zusammenbringen oder nicht zusammenbringen wollen: „Dann wird man über einen gesetzlichen Mindestlohn diskutieren müssen.“
Auch die Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker bis hin zu den Landesräten mit Einkommen ab 15.000 Euro wolle er gesetzlich fixieren. Dazu planen die Freiheitlichen einen entsprechenden Antrag in der Nationalratssitzung am Jahresende einzubringen, wozu man auch ÖVP und SPÖ einlade, dem zuzustimmen.
„Aber wir Freiheitliche sind selbstbewusst, und deswegen ist es so wichtig, dass wir in Zukunft die Nummer eins sind“, betonte Kickl auch in Hinblick auf die Nationalratswahl im kommenden Jahr.
Es mache im Bund einen „entscheidenden Unterschied, wer eine Regierung anführt“. Er würde sich, wäre er Regierungschef, dann als „Volkskanzler“ sehen und dementsprechend agieren: „Das heißt ja nichts anderes als ein Kanzler aus dem Volk für das Volk. Das ist was anderes als ein Kanzler aus dem System für das System.“
Dass er zugunsten einer FPÖ-Regierungsbeteiligung selbst auf ein Regierungsamt verzichten würde, schloss Kickl aus: „Das wäre Wählerbetrug, wenn ich als Spitzenkandidat antrete, aber dann nicht die Regierungsmannschaft anführe.“
Dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen, wie zuletzt mehrfach angedeutet, ihn nicht als Bundeskanzler angeloben wolle, verurteilte er als „antidemokratisch“. Der Bundespräsident würde damit deutlich machen, dass es in diesem Land Stimmen gebe, die mehr wert seien – „die für die anderen Parteien“, und solche, die weniger wert seien – „das sind diejenigen, die die freiheitliche Partei unterstützen“.
Dass auch die anderen Parteien dem nicht widersprochen hätten, bezeichnete er als „Verschwörung der schwarz-rot Machterhaltungseliten gegen die Bevölkerung“. Angesichts der aktuellen Umfragen hoffe er, dass seine Partei bei den Nationalratswahlen so abschneide, dass eine Zweierkoalition nur mit der FPÖ möglich wäre – und mit der FPÖ in der Führungsrolle.
Denn die ÖVP habe damals in der Koalition ihre Vormachtstellung dazu benutzt, die Unterstützergrenze für Volksbegehren, die automatisch eine Volksabstimmung nach sich ziehen sollte, auf über 900.000 hochzuschrauben. Diese würde die FPÖ deutlich absenken, damit auch die Bürger über das Instrument der Volksabstimmung wieder mehr Mitspracherecht bei allen wichtigen Themen erhalten. Er selbst sehe dabei kein „Tabuthema“, betonte Kickl: „Alles das, was man im Nationalrat beschließen soll, das muss der Möglichkeit nach auch das Volk beschließen können.“
Hausverstand, nicht Hysterie in der Klimafrage
Natürlich kam auch die vom ORF hochgespielte „Klimakatastrophe“ zur Sprache, auf die die Moderatorin die aktuelle Unwetterserie des heurigen Sommers zurückführte. Hat da die FPÖ ihre Position zur Klimakrise geändert? Nein, erklärte Kickl, denn das sei eine „zu einfache Antwort auf eine komplexe Frage“, wenn man eine Kausalität zwischen Wetter und Klima herstelle.
Es gehe ihm und den Freiheitlichen in der Klimadebatte um „Hausverstand und Verhältnismässigkeit“. Das heißt, dass man die erneuerbaren Energien ausbauen wolle, aber „wir nicht eine komplette Umstellung des Systems in ein paar Jahren übers Knie brechen, die Hunderte Milliarden Euro kostet und unsere Wirtschaft zerstört und auch noch die Chinesen fördert, unterstützen“. Der CO2-Ausstoß Österreichs werde, ob mit den aktuellen 0.8 Prozent oder den von Schwarz-Grün anvisierten 0,4 Prozent Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen, am „Weltklima und an den Niederschlägen, wenn sie damit zusammenhängen, nicht das Mindeste“ ändern.
>>> Artikel aus der Neuen Freien Zeitung