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22. Dezember 2023 | Aussenpolitik, Europäische Union

Ukraine-Gipfel: Eine beispiellose Außerkraftsetzung geltenden Rechts

„Kopenhagener Kriterien“ wurden außer Kraft gesetzt – Jetzt sucht man 50 Milliarden Euro.

EU-Gipfel (v.l.): Ursula von der Leyen, Charls Michel, Emmanuel Macron, Olaf Scholz.

EU-Gipfel (v.l.): Ursula von der Leyen, Charles Michel, Emmanuel Macron, Olaf Scholz. Foto: EU

Völlig abgehoben von der politischen, finanziellen und wirtschaftlichen Realität der EU wie der Ukraine haben die Staats- und Regierungschef der Union die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen für das kriegführende Land beschlossen. Die euphorische Solidarität mit Kiew wurde aber von der Realität eingeholt: Die versprochenen 50 Milliarden Euro für das Land müssen in einem Sondergipfel im Jänner zusammengekratzt werden. Es drohen Beitragserhöhungen und Fördermittelkürzungen für die teuerungsgeplagten europäischen Steuerzahler.

Beitritts-Status auch für Moldawien und Georgien

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben vergangene Woche bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel grünes Licht für den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine sowie Moldawien gegeben sowie einem weiteren Nachbarn Russlands, Georgien, den Status eines EU-Beitrittskandidaten verliehen.

Wenn die Beschlüsse umgesetzt werden, was noch Jahre dauern kann, dann führen sie in eine andere EU, merkten Kritiker zu dem Schritt an: Es wird keine Friedens- oder Bürgerunion mehr sein, wie immer wieder versprochen wurde, sondern ein Gebilde, in dem die Geopolitik den Ton angibt.

Geopolitik statt Friedenspolitik

Die EU will jetzt plötzlich Entscheidungen erzwingen, die die USA und die NATO tunlichst gemieden haben. Washington zahlt vorerst keine weiteren Finanzhilfen nach Kiew, die NATO hat den Beitritt der Ukraine auf die lange Bank geschoben. Das grüne Licht für die Ukraine ist weder mit einer Initiative für einen Verhandlungsfrieden, noch mit einer Zukunftsstrategie verbunden. Denn Brüssel hat weder einen Plan für das eine, noch das andere.

Die Entscheidung wird, im Gegensatz zur bisherigen EU-Propaganda, auch nicht mehr Wohlstand bringen – sondern auf Jahre hinaus weniger, für beide Seiten. Und bei einem EU-Beitritt Kiews wird es erst richtig teuer.

Geld für Kiews Kriegskassa

Als erste „Anzahlung“ sollen beim nächsten EU-Gipfel im Jänner die von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zugesagten 50 Milliarden Euro – 17 Milliarden Euro an Zuschüssen und 33 Milliarden Euro an außerbudgetären Darlehen bis 2027 – für die Ukraine lockergemacht werden, zulasten aller EU-Mitgliedsländer. Denn auch Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und die italienische Premierministerin Giorgia Meloni haben nach Angaben des Blogs „Politico“ betont, dass ihre Unterstützung für die Ukraine nicht von zusätzlichen Mitteln für Prioritäten zur Einwanderung getrennt werden könne.

Den Protest anderer hatte Ratspräsident Charles Michel besänftigt. Es soll gelungen sein, den Betrag der zusätzlichen Mittel von 66 Milliarden Euro auf 21 Milliarden Euro zu senken, durch Umschichtungen im EU-Budget. Das trifft dann nicht nur Nettozahler, sondern auch Nettoempfängerländer, durch Erhöhungen der EU-Beitragszahlungen und die Streichung von Förderprogrammen.

Nehammers nächster Umfaller

„Das ist nicht das, was man sich vom Regierungschef eines Nettozahlerstaates erwarten durfte“, kritisierte FPÖ-Europasprecherin Petra Steger den Umfaller von ÖVP-Kanzler Nehammer. Noch im EU-Hauptausschuss wenige Tage davor hatten dieser und Außenminister Alexander Schallenberg klargestellt, dass sie der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine nicht zustimmen werden: Die Ukraine erfülle nicht die „Kopenhagener Kriterien“.

Es sei auch Teil dieser Kriterien, dass die EU selbst in der Lage sein müsse, neue Staaten aufzunehmen, erinnerte Steger: „Auch davon sind wir weit entfernt – Stichwort Inflation, Schulden, Energiekrise usw. Allein aus diesem Grund hätte die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen nicht beschlossen werden dürfen!“ Offensichtlich sei es aber mittlerweile Teil ihrer bedingungslosen Solidarität mit Kiew, so Steger, dass die EU einfach nach Gutdünken Recht breche oder verbiege.

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