„Für uns Parlamentarier ist eine frühe Einbindung in die inhaltliche Erarbeitung dieser neuen Sicherheitsstrategie unabdingbar. Diese wird von Seiten der Regierungsfraktionen wohl vollmundig versprochen, trotzdem soll die Strategie bis Dezember im stillen Kämmerlein – also ohne Einbindung der Oppositionsparteien - verhandelt werden. Ich will aber nicht, dass das Parlament erst am Ende in den Prozess eingebunden wird und dann lediglich den Regierungsentwurf abnicken soll. Auf alle Fälle werden wir darauf achten, wie ÖVP und Grüne mit Österreichs immerwährender Neutralität und unserer Sicherheit umgehen zu gedenken“, sagte heute, Donnerstag, FPÖ-Wehrsprecher Volker Reifenberger in seinem Debattenbeitrag im Nationalrat zur Österreichischen Sicherheitsstrategie.
Immerwährende Neutralität am Prüfstand
"Bereits jetzt bricht Österreich ständig die Neutralität, und mit der neuen Sicherheitsstrategie ist nun zu befürchten, dass dieser verfehlten schwarz-grünen Politik der Boden für einen solchen Verfassungsbruch bereitet werden soll. Die immerwährende Neutralität ist unser Identitätsmerkmal und ein Schutzschirm für Österreich, aber nur dann, wenn sie auch konsequent und glaubhaft gelebt wird und auch verteidigt werden kann“, erklärte Reifenberger.
Bedenklicher Umgang der Grünen mit unserer Verfassung
Unsere Neutralität stehe nicht nur im Verfassungsrang, sondern werde auch im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen als „unumstößlich“ bezeichnet. „ÖVP-Kanzler Karl Nehammer und sein grüner Vizekanzler dürfen dies bei der Erstellung der Strategie dann aber nicht plötzlich vergessen. Gerade die Grünen haben nämlich schon immer an unserer militärischen Selbstständigkeit und damit an unserer Verfassung gerüttelt“, kritisierte der FPÖ-Wehrsprecher.
Umfassende Landesverteidigung braucht Wiederbelebung
„Für uns ist es wichtig, dass eine Wiederbelebung der umfassenden Landesverteidigung stattfindet. Diese steht zwar auch in unserer Verfassung, wird aber seit dem Fall des Eisernen Vorhanges auch nicht mehr mit Leben erfüllt. Überdies muss in Anbetracht der derzeitigen sicherheitspolitischen Entwicklungen die Landesverteidigung wieder ernst genommen werden. Unter Landesverteidigung verstehe ich im Gegensatz zu ÖVP-Verteidigungsministerin Klaudia Tanner nicht nur die Befähigung zu einer Schutzoperation gegen subversive Kräfte, sondern auch die Befähigung zu einer Abwehroperation gegen konventionelle Kräfte“, so Reifenberger. „Um dieses Ziel in absehbarer Zeit erreichen zu können, muss auch die Erhöhung unseres 'Schmalspur-Mobilmachungsrahmens‘ von nur 55.000 Mann in die neue Sicherheitsstrategie beziehungsweise ihre Ableitungen einfließen.“
Sicherheitsstrategie muss von breiter Basis getragen werden
„Inhaltlich darf die Sicherheitsstrategie jedenfalls kein verdecktes Bundeskrisensicherheitsgesetz werden, das ja zum Glück – zumindest vorerst einmal – gescheitert ist. Formal sollte ein Automatismus beschlossen werden, dass die Sicherheitsstrategie mindestens alle zehn Jahre zu aktualisieren sei. Diese sollte auch nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat beschlossen werden können, damit sie von einer möglichst breiten Basis getragen wird“, forderte Reifenberger.
"Strategischer Kompass" der EU nicht mit Neutralität kompatibel
„Dem von den anderen Parteien eingebrachten Abänderungsantrag werden wir zwar zustimmen. Dennoch merke ich kritisch an, dass der Bezug auf die Leitlinien des sogenannten 'Strategischen Kompasses' der EU teilweise durchaus im Widerspruch zu einer ernstgemeinten Neutralitätspolitik steht. Dieser 'Strategische Kompass' der EU enthält unter anderem auch Programme wie die ‚Europäische Friedensfazilität‘, mit der Waffen und Munition in die Ukraine geliefert werden, und er enthält auch die EU-Trainingsmission EUMAM Ukraine, wo durch EU-Staaten ukrainische Soldaten ausgebildet werden. Vom 'Strategischen Kompass‘ ist aber auch die strategische Partnerschaft zwischen EU und NATO umfasst. Dies sind alles Dinge, die ich nicht in einer österreichischen Sicherheitsstrategie haben möchte“, betonte Reifenberger.
Langer Weg einer ursprünglichen FPÖ-Initiative
„Die Initiative für den heutigen Beschluss geht aber auf meinen Vorgänger als Wehrsprecher, Reinhard Bösch, zurück, der den ausschlaggebenden Antrag bereits am 24. März 2022, genau einen Monat nach Beginn des Krieges in der Ukraine, im Parlament eingebracht hat. Leider wurde dieser Antrag von ÖVP und Grünen in den Plenarsitzungen vom 24. März 2022 und vom 17. November 2022 abgelehnt und im Landesverteidigungsausschuss vom 9. Juni 2022 vertagt, ehe dann eine leicht adaptierte Version am 17. April 2023 von den anderen Parteien als eigener Antrag übernommen wurde. In diesem Fall sieht man dennoch, dass auch die Opposition etwas bewirken kann“, sagte Reifenberger abschließend.