„Österreichischen Grenzgängern, die in der Schweiz oder Liechtenstein arbeiten, wird das Kinderbetreuungsgeld verweigert – das ist die nächste Schikane von ÖVP-Familienministerin Raab“, kritisierte heute die freiheitliche Familiensprecherin NAbg. Rosa Ecker, MBA. So hat der Vorarlberger Grenzgängerverband darauf aufmerksam gemacht, dass in Österreich wohnhafte Familien, von denen jeweils ein Elternteil entweder in der Schweiz oder im Fürstentum Liechtenstein erwerbstätig ist, seit Februar dieses Jahres die Auszahlung des Kinderbetreuungsgelds verweigert wird. Geschätzt sollen 1.500 Familien betroffen sein, die ÖGK ist vom Familienministerium mittels Weisung zu dieser Anordnung verpflichtet, so die Kritik.
„Grundsätzlich wären im Sinne des Unionsrechts die Schweiz als auch Liechtenstein vorrangig verpflichtet, ihre Familienleistungen zu bezahlen, sofern nicht der andere Elternteil in Österreich erwerbstätig ist. Die beiden Staaten, die an Vorarlberg grenzen, haben jedoch keine Leistung, die gleichartig zum Kinderbetreuungsgeld ist, weshalb Österreich seine Leistung zahlen müsste. Daran ändert auch der Umstand nichts, wenn von Österreich weder die Familienbeihilfe (sie muss bezogen werden, um Kinderbetreuungsgeld zu erhalten) noch der Kinderabsetzbetrag ausbezahlt wird, weil die Eltern stattdessen Anspruch auf die gleichartigen ausländischen Leistungen haben. Dies wären für den Fall der Schweiz und Liechtenstein ihre sogenannte ‚Kinderzulage‘, erklärte Ecker.
Beim Landesgericht Feldkirch gibt es bereits von der Arbeiterkammer Vorarlberg unterstützte Klagen, was von der freiheitlichen Familiensprecherin ausdrücklich begrüßt wird. „Seit Februar letzten Jahres hat der Oberste Gerichtshof (OGH) bereits in solchen Sachverhalten eine Entscheidung zugunsten der Familien getroffen (10 Obs 128/21b). Was sich seither verändert haben soll, dass nun die Verweigerung der Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes rechtfertigt, ist mir schleierhaft. Geändert haben dürfte sich - wenn überhaupt - lediglich der Schuldenstand des Familienlastenausgleichsfonds. Vermutlich will man auf dem Rücken der Familien einsparen, in dem man ihnen Leistungen verwehrt und darauf spekuliert, dass es keine Gegenwehr gibt“, so Ecker, die dazu eine parlamentarische Anfrage an die ÖVP-Familienministerin einbringen wird.
„Das ist eine Schikane des Familienministeriums, für die Raab die volle Verantwortung trägt. Sie soll die vielen permanenten Missstände im Ministerium endlich abstellen und die Österreichische Gesundheitskasse vernünftig arbeiten lassen. Wenn die Ministerin nichts in dem Fall unternehmen möchte, dann soll sie ihren Hut nehmen und zurücktreten“, forderte Ecker.
In diesem Zusammenhang wiederholte die FPÖ-Familiensprecherin ihre Forderung, dass Familienleistungen nur von jenem Staat bezahlt werden sollten, in dem das Kind wohnt. Dann gäbe es die aktuellen Probleme nicht und Österreich müsste umgekehrt keinen einzigen Cent an Familienleistungen ins Ausland bezahlen. Letztes Jahr waren es über 1,1 Milliarden Euro für Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, die ins Ausland überwiesen wurden.
„Immer wieder bekamen und bekommen Eltern beim Anspruch von Familienleistungen das ‚Schikanen-Ministerium unter Raab und ihren Vorgängern‘ zu spüren“, betonte Ecker, die folgend ein paar Fälle aufzählte:
Fall 1:
Erst vor kurzem wurde vom OGH ein Fall nach acht Jahren Streit rechtskräftig entschieden. Einer in Österreich wohnhaften Familie wurde das Kinderbetreuungsgeld nicht bezahlt, weil der Vater seit Geburt des Kindes ein Arbeitsverhältnis mit dem Königreich der Niederlande hatte. Das niederländische „Kinderopvangtoeslag“ ist, obwohl es übersetzt „Kinderbetreuungsgeld“ heißt, nicht gleichartig zur österreichischen gleichnamigen Leistung, da es vor allem nur dann bezahlt wird, wenn Kinder fremdbetreut werden. „Vor Jahren hat meine freiheitliche Kollegin Edith Mühlberghuber diesen Sachverhalt in einer parlamentarischen Anfrage zutreffend formuliert. Das Familienministerium beharrte allerdings auf seinem rechtlich falschen Standpunkt, der in 10 Obs 55/23w widerlegt wurde“, erklärte Ecker.
Fall 2:
Laut einem Bericht des Rechnungshofs hat die Republik Österreich seit März 2017 die Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld nicht mehr als eine Familienleistung im Sinne des Unionsrechts (VO 883/2004), sondern als eine „besondere beitragsunabhängige Geldleistung“ eingestuft, die daher einen Sozialhilfecharakter habe und nicht mehr ins Ausland exportiert werden müsste. Im Juni 2020 hat der OGH erwartungsgemäß in 10 ObS 63/20t die Ansicht nicht geteilt.
Fall 3:
Österreich hat die Auszahlung eines Teils des Kinderbetreuungsgeldes versagt, weil Eltern von Liechtenstein die Geburtenzulage erhalten haben. Argumentiert wurde mit der Gleichartigkeit der beiden Leistungen. Die Geburtenzulage ist allerdings eine Leistung, die einmalig ausbezahlt wird, während das Kinderbetreuungsgeld eine monatliche Zahlung darstellt, die je nach Variante zwischen einem und rund zweieinhalb Jahren bezogen werden kann. In 10 ObS146/16t hat der OGH eine Gleichartigkeit der Leistungen zum wiederholten Mal verneint.
„In Raabs Ministerium wird offenbar nur noch überlegt, wie man Familien das Leben schwer machen kann. Die Gesetze sind jedoch unmissverständlich und einzuhalten. Die ÖVP-Ministerin muss nun schnell dafür sorgen, dass diese Schikanen endlich aufhören und die Familien zu ihrem Geld kommen“, forderte die FPÖ-Familiensprecherin abschließend.