„Die Neueröffnung des sanierten Parlamentsgebäudes erfolgte unter der Devise eines ‚offenen Hauses‘, das sich vor allem ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka anrechnen ließ. So sollten mehr Besucher empfangen und Sitzungen von der Bevölkerung niederschwelliger besuchbar werden können. Im Zuge dessen wurde bekanntlich gegenüber dem Sitzungssaal des Bundesrates ein Empfangssalon mit kostspieligen Gemälden und einem vergoldeten Klavier im Parlament eingerichtet. Da im Sinne eines ‚offenen Hauses‘ auch die Sitzungen leichter und stärker zu besuchen sein sollten, wurde in der Präsidiale des Bundesrates aufgrund der geringen Größe des neuen Sitzungssaales seit der Eröffnung nach praktikablen Lösungen gesucht, die Besucherströme ohne Gefährdung der Brandschutzverordnungen sowie der Bundesräte und Mitarbeiter zu lenken. Eine Einschränkung der Besuchsmöglichkeiten oder gar eine gänzliche Unterbindung dieser wurden wiederholt von der Präsidiale des Bundesrates abgelehnt“, sagte heute, Mittwoch, der Fraktionsvorsitzende der Freiheitlichen Bundesräte, Christoph Steiner.
Empfangssalon als privater Audienz-Raum Sobotkas?
„Dem jüngsten und von allen Fraktionen unterstützten Vorschlag der Präsidiale, die Besucher an Sitzungstagen des Bundesrates in dem benachbarten Empfangssalon zu empfangen, wurde dem Vernehmen nach nun von Sobotka abgelehnt. Davor diskutierte Vorschläge, andere angrenzende Räume zu verwenden, wurden ebenfalls abgelehnt. Zum Unverständnis der Mitglieder des Bundesrates sollen Besuche der Sitzungen anscheinend weiterhin nur stark eingeschränkt und unter Gefährdung der Brandschutzbestimmungen erfolgen – den Empfangssalon als Ausweichmöglichkeit an Sitzungstagen zu benützen, sei nicht im Sinne des Nationalratspräsidenten, der den Raum für Empfänge nutze“, erklärte Steiner.
Selbst Zutrittsrechte für Bundesräte plötzlich eingeschränkt
Noch am selben Tag wurden – just nach der Präsidiale – plötzlich die Zutrittskarten der Bundesräte per Fernzugriff eingeschränkt, so dass die einzelnen Bundesräte und selbst die Präsidentin des Bundesrates nicht mehr auf gewohntem Weg zu den Ausschusslokalen gelangten und vor verschlossenen Türen standen. Steiner sieht die zweite Kammer der Republik durch eine willkürliche Machtdemonstration des Nationalratspräsidenten „vor die Tür gesetzt“: „Sobotka schließt hier bewusst die Bevölkerung von den Sitzungen aus. Es ist schon ein Akt der Ignoranz, dass trotz mehrmaligen Urgierens - von allen Fraktionen - kein Interesse daran zu bestehen scheint, den Bundesrat umfänglich im ORF zu übertragen und ihn auf dem Weg des gesetzlich verankerten Bildungsauftrages der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Jetzt stellt sich vielmehr die Frage, was hier ein ‚offenes Haus‘ sein soll, wenn man nicht einmal Willens ist, in einem Empfangssalon Besucher zu empfangen? Es ist leider so, dass uns allmählich die Möglichkeiten ausgehen, wie wir als Bundesrat in Zukunft überhaupt Besucher empfangen können sollen – für Sobotka existiert offensichtlich die zweite Kammer des Parlaments nicht!“
Schiefe Optik statt effektiver Lösung für Besucher
Erst auf Verlangen nach einer Sonderpräsidiale wurde die Beschränkung des Empfangssalons am Tag darauf wieder aufgehoben. Für Steiner bleibe dabei eine schiefe Optik bestehen, und eine Lösung für die Besucher sei noch nicht gefunden.